susak, sotto voce
Tamara Štajner
Nadja Küchenmeister
was ich war, hat keine arme, keine
ohren mehr zu hören, keine nase
mehr zu riechen, keine fingerkuppen
zu betasten, keine zehen, den boden
zu berühren, an diesem waschbecken
stand ich im unterhemd, im blick
seife, zahnbürste, zahnseide, das bad
in meinem rücken, mein rücken sah nie
mein gesicht, die beine ausgestreckt
gen westen, gönnte ich mir noch ein sofa
kissen für die waden, meine füße schliefen
vor sich hin, ich las so gerne beipackzettel
auf den abend, bevor das türenschlagen
mich erlöste, wärme kam und blieb
ich saugte sauerstoff von der terrasse
hin und wieder überschlug sich
meine stimme, war es ein halsband
sittich, eher nicht, und dann verlasse ich
ganz plötzlich, die luft, verlasse den flur
und den kalender, die auslegware und den
joghurtbecher im oberen fach des kühlschranks
neben der milch, ich verlasse das bett
und diesen geruch, möge er weiter kreisen
nie konnte ich sein wesen ganz begreifen.
ich verlasse die dusche, nachts um drei
den überstürzten aufbruch meiner nerven
verlasse den obstbrand auf der spüle
pircher williamsbirne, da schimmert schon
die feine spitze der kanüle, ich verlasse
das geländer und den spiegel vor der tür
klingelknopf und fußabtreter, den briefkasten
den briefkastenschlüssel, die rückseite
der briefumschläge, ich verlasse das café
sülzburg ecke luxemburgerstraße
man wird immer loser mit den jahren
alles flattert, ich verlasse die tram
richtung thielenbruch, die haltestellen
arnulfstraße, weißhausstraße, eifelwall
und barbarossaplatz, die haltegriffe
in der tram, die rückbänke der taxis
die hinterköpfe der taxifahrer, wechselgeld
durch die sitze gereicht, ich verlasse
an meinem handgelenk, die uhrzeit
um diese uhrzeit, gleis zwei, rollt der zug
langsam ein, ich verlasse das verlassene ufer
des rheins, verlasse alles, was mich so lange
hat das alles nicht verlassen lassen, klingt
schlimmer als es ist, jetzt, wo ich weg bin.
Foto: privat