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Der große Wagen



Der große Wagen

Nadja Küchenmeister


was ich war, hat keine arme, keine

ohren mehr zu hören, keine nase

mehr zu riechen, keine fingerkuppen


zu betasten, keine zehen, den boden

zu berühren, an diesem waschbecken

stand ich im unterhemd, im blick


seife, zahnbürste, zahnseide, das bad

in meinem rücken, mein rücken sah nie

mein gesicht, die beine ausgestreckt


gen westen, gönnte ich mir noch ein sofa

kissen für die waden, meine füße schliefen

vor sich hin, ich las so gerne beipackzettel


auf den abend, bevor das türenschlagen

mich erlöste, wärme kam und blieb

ich saugte sauerstoff von der terrasse


hin und wieder überschlug sich

meine stimme, war es ein halsband

sittich, eher nicht, und dann verlasse ich


ganz plötzlich, die luft, verlasse den flur

und den kalender, die auslegware und den

joghurtbecher im oberen fach des kühlschranks


neben der milch, ich verlasse das bett

und diesen geruch, möge er weiter kreisen

nie konnte ich sein wesen ganz begreifen.


ich verlasse die dusche, nachts um drei

den überstürzten aufbruch meiner nerven

verlasse den obstbrand auf der spüle


pircher williamsbirne, da schimmert schon

die feine spitze der kanüle, ich verlasse

das geländer und den spiegel vor der tür


klingelknopf und fußabtreter, den briefkasten

den briefkastenschlüssel, die rückseite

der briefumschläge, ich verlasse das café


sülzburg ecke luxemburgerstraße

man wird immer loser mit den jahren

alles flattert, ich verlasse die tram


richtung thielenbruch, die haltestellen

arnulfstraße, weißhausstraße, eifelwall

und barbarossaplatz, die haltegriffe


in der tram, die rückbänke der taxis

die hinterköpfe der taxifahrer, wechselgeld

durch die sitze gereicht, ich verlasse


an meinem handgelenk, die uhrzeit

um diese uhrzeit, gleis zwei, rollt der zug

langsam ein, ich verlasse das verlassene ufer


des rheins, verlasse alles, was mich so lange

hat das alles nicht verlassen lassen, klingt

schlimmer als es ist, jetzt, wo ich weg bin.






Foto: privat

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